Ins Niemandsland und drüber hinaus

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Ins Niemandsland und drüber hinaus

Beitrag von Alex » 16 Jan 2012, 12:30


Aufgebrochen nach Valariot waren sie, um dem baldigen König Ansgar ihre Ehre zu erweisen und die Fahne der Nordmark hoch zu halten. Weit gekommen waren sie nicht.

Kurz nachdem sie die Sümpfe verlassen und damit die Grenze zwischen der Nordmark und der valarischen Provinz Eredon überschritten hatten, war der Feind über sie her gefallen wie ein ausgehungerter Hund über sein Futter. Wer es gewesen war, konnte Andaran gar nicht mehr richtig sagen.

Er war voran geritten, zusammen mit einem der Bogenschützen, als ein kurzes Zischen ihr Gespräch unterbrach und sich mit einem dumpfen Geräusch ein dicker, schwarzer Pfeil aus dem Nichts in den Hals seines Pferdes gebohrt hatte. Seine Stute hatte vor Schmerz und Schreck aufgeschrien und war unter ihm durchgegangen. Nach einigen Metern und einem weiteren Pfeil, der in der Brust des Pferdes landete, waren ihr die Vorderbeine eingebrochen. Vom Troß hinter ihm hatte Andaran lediglich Schmerzens- und Kampfschreie wahrnehmen können bevor Tier und Reiter in einem Knäuel aus Gliedmaßen, Packtaschen und Matsch zu Boden gingen. Den Bruchteil einer Sekunde lang hatte Andaran das erdrückende Gewicht des Pferdeleibes auf seiner Brust gespürt, bevor etwas Schweres, metallisches gegen seinen Kopf geschlagen und alles schwarz geworden war…
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Bartek
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Re: Ins Niemandsland und drüber hinaus

Beitrag von Bartek » 17 Jan 2012, 12:16


Halvard prüfte seinen Kiefer und öffnete den Mund mehrmals wie ein Fisch auf dem Trockenen. Der eine Hieb auf die Kinnspitze würde ihn noch eine Weile beschäftigen, soviel war sicher.
Aber es war eine feine Schlägerei gewesen, am vergangenen Abend und der Tee danach war noch viel besser gewesen.

Er reichte Friedrich Ludenhof die Hand zum Abschied, dankbar für das Geleit nach Orkenwall und seinen Rat, schwang sich in den Sattel und gab dem Tier die Sporen, dem Weg aus der Stadt hinaus folgend.

Er hatte vor einigen Tagen das Tal von Derduwath verlassen, und doch schwirrte sein Kopf noch immer von all den Dingen, die dort besprochen wurden, von all dem das offenbart worden war.

Er hatte das Schreiben der Elbendame Zoe sicher verstaut in seinem Gepäck und würde es auf dem Heimweg wie versprochen der Familie von Brandstedt übergeben.
Viel mehr gedachte er jedoch ihres Gesprächs über die Zeichen auf den Holzstücken, welche er und die Streiter aus Derduwath bei ihren Feinden in den Trollsümpfen gefunden hatten.

Wenn auch nur die Hälfte von dem was die Elbin geschildert hatte wirklich wahr sein mochte, dann musste diese Gefahr im Keim erstickt werden, oder die Mark würde schwer zu leiden haben.

Die letzte Welle von Pestilenz hatte vor über 50 Jahren in der Mark gewütet und das Land erholte sich immer noch davon.
Der Gedanke, dass ein Feind dieses Grauen willentlich über sein Land bringen konnte erfüllte Halvard mit tiefem Groll. Noch aber konnten sie handeln und dieses Tal von Derduwath, so fern und fremd es sein mochte war doch ein Hort des Wissens und der Hoffnung.

Solange es also einen solchen Ort gab, gab es auch Aussicht auf Erfolg, ganz gleich wie schlecht die Dinge stehen mochten.
Und schlecht standen sie nach all dem was Halvard in Derduwath gehört und gesehen hatte.
Nicht dass ihn das jemals zaudern ließe, Thar und Thorm waren den Märkischen nicht im Zögern mit gutem Beispiel voran gegangen.

Im Orkenkopf hatte er einige Gerüchte zu dem Überfall auf Ansgar von Eisensteins Zug gehört und er hatte nun eine Karte mit einigen Stationen an der Grenze, die er absuchen konnte, in der Hoffnung eine Spur seines Vetters zu finden. Nur hatte keiner eine wirklich greifbare Spur eines Edelmanns aus dem Hause Serian zu berichten.

Zynisch redete er sich immer noch ein , dass er Andaran in irgendeinem Gehöft finden würde, ausgeruht und gut genährt als Gast der dortigen Gutsbesitzer, aber je mehr er sich der Lage in diesem Teil Valariots machte umso weniger hielt diese Erwartung stand.

Und auch die Zeit wurde knapp, die tapferen Knechte welche ihm nach Derduwath gefolgt und beihnahe dem Feind in die Arme gelaufen waren sollten an der Grenze Ehredons auf ihn warten , in der vereinbarten Ortschaft. Die Frage war berechtigt, wie lange dort das Silber reichen würde, welches er ihnen für die Unterbringung der Lasttiere mitgegeben hatte.

Auch die Kunde über die Symbole aus den Trollsümpfen brannte ihm ein Loch in die Satteltasche und so wuchs immer stärker der Entschluss in weitem Bogen die Suche zu beschleunigen, dann in der Mark zu berichten und falls immer noch nötig wieder umzukehren.

Er gab dem Tier die Sporen , Eile war geboten.
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Re: Ins Niemandsland und drüber hinaus

Beitrag von Bartek » 07 Feb 2012, 22:26


Ein kleiner Zug von vier Mann verließ die valarische Stadt Gond und passierte den Fluss Schwarzwasser Richtung Norden.

Sie saßen alle zu Pferde und führten eine Reihe von Lasttieren mit sich, jedes mit jeweils zwei schweren Kisten beladen.

Der Mann der sie führte hatte eine harte Reise hinter sich, seine Gewandung und der Mantel waren von seiner Suche deutlich gezeichnet und bisher war sie erfolglos geblieben. Der Osten Valariots war ein ödes Schlammloch gewesen und in den letzten Tagen schien dieses auch noch ordentlich zuzufrieren. Der Wintereinbruch, dem sie in Derduwath beinahe in den Bergen anheim gefallen wären schickte nun seinen eisigen Odem gen Norden. Genauso eisig waren die Reaktionen der Einwohner und Soldaten dort auf die Fragen nach einem Andaran Serian.

Schweren Herzens war Halvard immer weiter gen Nordwesten gezogen. Er suchte weiter hartnäckig nach Hinweisen und Spuren seines Vetters, aber jeden Tag trieben ihn die Wetterverhältnisse und seine Pflichten der Heimat entgegen.

So hatte er schließlich schwer erschöpft und von der Reise gezeichnet Gond betreten und seine Leute in der vereinbarten Herberge wieder getroffen.

Der Älteste von diesen war ein Mann aus der Garde von Hohengrund namens Salador. Er schloss zu Halvard auf und sie besprachen sich kurz, beschlossen so weit wie möglich zu reisen, aber die Wolken, die jedes gesprochene Wort bildete gemahnten sie daran, auch einen vernünftigen Unterschlupf für die Nacht finden zu müssen.

Immerhin blieb die Hoffnung, dass die Sümpfe bei diesem Wetter etwas einfacher zu passieren sein würden.
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Re: Ins Niemandsland und drüber hinaus

Beitrag von Bartek » 20 Feb 2012, 21:28


Der märkische Trupp zog den ersten Tag durch die Sümpfe und sie kamen gut voran.

Die Kälte biss ihnen in die Knochen, doch ließ sie das nicht langsamer werden.

Wachsam saßen der Ritter und die Kriegsknechte auf ihren Pferden, die Waffen nah bei der Hand. Noch war der Pfad den sie gewählt hatten stark genug gefroren um reiten zu können.

Die Schneise, die das heftige Erdbeben vor dem Jahreswechsel aufgetan hatte hiterließ eine tiefe Narbe in der Landschaft und trieb auseinander was einst Tümpel und Gruben voller Schlamm gewesen waren.

Es war umständlich, hier voran zu kommen, aber immerhin möglich, ganz im Gegensatz zu früher.

Die Knechte unterhielten sich wenig, während der Ritter Halvard immer wieder prüfte ob seine Ausrüstung einsatzbereit war und sich ständig umsah.

Da unterbrach der Ruf einiger Krähen die sonstige Geräuschkulisse von knirschender Erde und dem leisen Pfeifen von Wind im hohen Gras. Der schwarze Schwarm erhob sich aufgebracht in östlicher Richtung und die Nordmarker hielten Ausschau.

Von Vorsicht und Neugier geleitet ließ Halvard absitzen. Mit einem Grinsen fragte er in die Runde nach Freiwilligen für einen Spähgang, Salador und Magnus meldeten sich.

Sie brachten die Tiere und ihre Last in eine Talsenke, gut abgeschirmt von ungewollten Blicken.

Den Speer zur Hand führte Halvard die Männer der Richtung entgegen die sie ausgemacht hatten und nach einigen unwegsamen Stellen und Kletterpartien stießen sie auf die Spuren einer Jagd.

Jemand war verwundet durch das Sumpfgras gewatet und hatte unverwechselbare Spuren hinterlassen. Und wer auch immer es war, er war schwer verwundet gewesen.

Mit einem Stoßgebet an Thar und Thorm im Geiste trieb Halvard seine Begleiter zur Eile. Sie überwanden einen aufgerissenen Felsen und sahen jenseits davon eine von knorrigen Bäumen überwucherte Senke, darin eine Meute von abgemagerten Wölfen, die sich um Teile eines Menschen stritten. Und dieser Mensch war in ein vertrautes, blaues Gewand gekleidet.

Zorn und Sorge ließen Halvard die Senke im Sturz überwinden während die hungrigen Tiere ihn und seine Gefährten endlich zur Kenntnis nahmen. Einige nahmen Reißaus vor den polternden, großen Konkurrenten, aber andere stellten die Nackenhaare auf und waren bereit zu kämpfen.

Der größte Wolf gönnte sich einen Bissen aus dem Gesicht des Toten, bevor er mit dampfenden Lefzen nach vorne trat und aus tiefer Kehle grollte.

Halvard stierte an ihm vorbei, das Blut der zerfetzten Leiche floss noch, also war der Tote gerade erst umgekommen. Konnten sie wirklich so bitterlich knapp zu spät gekommen sein ?
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Re: Ins Niemandsland und drüber hinaus

Beitrag von Alex » 23 Feb 2012, 18:14


Einige Tage vorher…

Licht!

Trübes, graues und düsteres Licht wie es nur im Sumpf existierte, aber Licht immerhin. Das knarzen des Holzverschlags hatte Andaran aus dem Halbschlaf gerissen und dankbarerweise die Bilder von schwarzen Pfeilen und sterbenden Pferden aus seinem Kopf verbannt. Durch die von getrocknetem Blut halb geschlossenen Augen konnte Andaran den Mann gegen das Licht nur verschwommen sehen. Er richtete sich im Halbdunkel der Höhle auf, soweit es die niedrige Decke und seine Verletzungen zuließen und blinzelte den Dreck aus seinen Augen.

„Kleiner Nordmann kommt jetzt raus!“

Sein Bewacher füllte den engen Eingang zur Höhle – es war mehr ein Loch im Boden als eine richtige Höhle – komplett aus und raubte Andaran das letzte Bisschen des trüben Tageslichts. Andaran quälte sich langsam durch die selbst für ihn zu enge Öffnung im Boden. Dem Sumpfbewohner dauerte es offensichtlich zu lange und seine Vorstellung von Motivation bestand in einigen fiesen Tritten in Andarans Rücken und Rippen.

Andaran erhob sich hustend. Er war bis auf die Knochen durchgefroren und beim Husten fühlte er seine unterkühlten Lungen rasseln. Der Wärter schubste ihn mit einer Keule vom Loch weg und durch den Sumpf.

„Geh! Da!“

Die Keule wies in eine Richtung und Andaran stolperte schweigend los. Nach einigen Schritten bemerkte er, dass sie auf eine kleine Lichtung zugingen. Am Rand der Lichtung schmiegten sich kleine Hütten, nicht mehr als brusthohe Verschläge aus grob gefertigtem, modrigem Holz und Lehm, an die Baumgrenze. Von ihnen zählte Andaran etwa ein Dutzend. In der Mitte der Lichtung erhob sich die Erde zu etwas, was man mit viel gutem Willen einen Hügel nennen konnte. Dort stand, nicht weniger modrig und dreckig als die kleinen Hütten, etwas, was man mit mindestens genauso viel gutem Willen als eine Rundhalle bezeichnen konnte.

Der Wärter führte ihn auf die Halle zu. Unterwegs stolperte Andaran mehrfach auf dem unebenen, steinigen Boden und schlug sich dabei das Knie so auf, dass er vor Schmerzen nicht schnell genug aufstehen konnte, was ihn nur noch weitere Tritte und Keulenhiebe einbrachte. Er sagte nichts und versuchte auch nicht, sich zu wehren. Erfahrungsgemäß würde es den Weg nur noch schlimmer machen. Andaran konzentrierte sich darauf, einen klaren Verstand zu bewahren und zu beobachten, bevor er voreilig etwas gegen seine zugegebenermaßen ungünstige Situation unternahm. Zwei Mal messen, ein Mal sägen, hieß es schließlich.

An der Halle angekommen hielt der Wärter Andaran am Arm fest und klopfte mit seiner Keule gegen die Tür die nicht gerade aussah, als könnte sie besonders viele Keulenhiebe vertragen. Die Tür öffnete sich prompt und Andaran wurde unsanft ins Dunkel im Inneren der Halle gestoßen. Erneut stolperte er und fiel auf die Knie. Der Schmerz verschleierte für einige Sekunden seine Augen und er musste die Zähne zusammen beißen, um nicht aufzuschreien. Einige Meter vor sich vernahm er ein dumpfes Lachen.

Andaran erhob sich langsam, blinzelte den Schmerz weg, wischte sich mit dem Handrücken über die aufgeplatzten Lippen und hob den Blick.

Am gegenüberliegenden Ende der Halle stand ein mit diversen Stoff- und Lederstreifen, Knochen und sonstigem Tand behangener Stuhl. So viel guten Willen hatte Andaran nicht mehr zu erübrigen, um ihn als Thron zu bezeichnen. Darin saß, im Halbdunkel der Halle noch blasser und dreckiger aussehend als die Sumpfbewohner es sowieso schon taten, ein bärtiger, hagerer Mann, der ihn mit sichtlicher Arroganz und Geringschätzung musterte. Andaran fiel auf, dass der Mann die blaue Surcotte trug die man ihm zusammen mit dem Rest seiner Habseligkeiten abgenommen hatte. Und, dass die Surcotte dem Mann viel zu klein war. Die Ärmel hörten auf halber Unterarmlänge auf und verliehen dem Mann ein leicht lächerliches Aussehen. Der jedoch schien extrem zufrieden mit sich selbst zu sein über seinen Fang.

„So“, sprach der Mann dann endlich. „Du bist also ein Edelmann aus dem Norden, hm?“

Er schnaufte abfällig und zupfte geistesabwesend mit den Fingern am Ärmel der Surcotte, was diese aber nicht länger machte.

„Dann wollen wir doch mal sehen, was du wohl wert bist, hm?“ Der Mann stieß einen gutturalen Laut aus und die Tür zur Halle öffnete sich. Ein Kopf erschien in der Türöffnung. „Hol den Ostmann!“ befiehl der Mann. Der Kopf verschwand und die Tür schloss sich wieder. Während sie warteten schaute der Mann Andaran nur weiter selbstgefällig lächelnd an.

Was einige Minuten später die Halle betrat zog Andaran zunächst die Atemwege zusammen. Noch bevor die schwarz gekleidete Gestalt mit dem Symbol des Chaos auf der Brust jedoch angefangen hatte zu sprechen, kam ihm eine Idee…
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Re: Ins Niemandsland und drüber hinaus

Beitrag von Bartek » 27 Feb 2012, 20:04


Seine Idee bedurfte allerdings des rechten Augenblicks und einer großen Menge Glück. Und das war ihm bisher nun wirklich nicht hold gewesen.

Er besann sich auf das einzige was er in dieser Lage vernünftig tun konnte und das war seine Gegner kennen zu lernen.

Der Ostling war fast so groß wie sein Kerkermeister, strahlte aber weit mehr Gefahr aus, gehüllt In ein brünniertes Kettenhemd, darüber ein rot-schwarzes Kriegsgewand mit dem unverwechselbaren Emblem des Chaos.

Er stolzierte in die Mitte der brüchigen Holzhalle mit einem schwarzen Helm unter dem Arm gehalten und nickte seinem Gastgeber zu. Zugleich öffnete sich die Holztür hinter ihm erneut und eine weitere Gestalt trat ein, während das Licht von draußen sich in der Maske des Helms spiegelte und eine Fratze mit weit offenem Maul offenbarte.

Der Neuankömmling war von ungesundem Wuchs und hässlich anzuschauen mit einer Reihe von Narben die sein ohnehin schlecht geratenes Gesicht verunstalteten.

Aber diese Narben wiesen ihn auch als kampferprobt und zäh aus, hinzu war er ähnlich wie sein Anführer in eine Reihe zusammengestückelter, mehr oder weniger wertvoller Utensilien gekleidet.
Besonders aufmerksam wurde Andaran als er sein eigenes Schwert an der Hüfte dieses Mannes erkannte.

Das Narbengesicht schritt leise am Rande der Halle entlang und blieb auf der andren Seite des Anführers stehen, den schwer gerüsteten Gast im Auge behaltend.

>>Wir werden in zwei Tagen zurückkehren und dann sollt ihr den vereinbarten Preis für den Gefangenen erhalten. Ein Dutzend lange Beile und ebenso viele Schwerter.
Aber denkt daran ihn am Leben zu halten, tot nützt er uns genauso wenig wie der Letzte, den ihr aufgegriffen hattet.<<

>>Das Sumpffieber hat den Kerl dahingerafft, da können wir nicht viel machen, die vertragen unser Wasser nicht, die jenseits unserer Sümpfe leben.<< entgegnete darauf der Anführer und lehnte sich tiefer in seinen widerstrebend ächtzenden Thron.

Andaran fühlte einen Stich von verletztem Stolz, da sein Leben hier nicht mehr als ein paar einfache Waffen wert war, doch er erkannte die Gelegenheit und erhob sich von den Knien.

>>Ihr könnt machen was ihr wollt, ich werde euch nicht verraten wo der Hort des Trollkönigs zu finden ist.<<
Sein Bewacher reagierte erst als seine Worte verhallten, dann knallte er eine schwere Pranke auf Andarans geschundene Schulter, das alleine reichte schon, den Märkischen wieder zu Boden zu schicken.

Vom Boden aus starrte der Sohn des Hauses Serian seinen Peinigern trotzig ins Gesicht und erkannte in diesen sehr unterschiedliche Ausdrücke.

>>So ein Blödsinn, es gab nie einen Trollkönig. << knurrte der Mann auf dem Thron durch seinen struppigen Bart. >>Schaff ihn weg, Tosh !<<

Der Fremde aus dem Osten blickte ungerührt auf Andaran hinab und sein Gesichtsausdruck verriet nicht die geringste Regung, seine Augenhöhlen lagen in tiefe Schatten getaucht und ließen sich nicht lesen.
Während Tosh ihn unter dem Arm hochriss und ohne Mühe wegschleppte blickte Andaran an dem Thron vorbei auf den narbengesichtigen Schergen. Dieser starrte ihn ungerührt an, die Schwerthand kratzte am stoppeligen, gespaltenen Kinn. Offenbar hatten seine Worte wenigstens einen von ihnen neugierig gemacht.
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Re: Ins Niemandsland und drüber hinaus

Beitrag von Alex » 16 Apr 2012, 18:49


Mit gezogenen Schwertern und gespannten Bögen ritten Halvard und seine Männer durch den Sumpf. Die Anspannung ließ sie schweigend und wachsam nebeneinander reiten. Sie atmeten nur flach und jedes Mal, wenn eines der Pferde laut schnaufte oder mit den Hufen einen Stein traf, musste Halvard innerlich fluchen.

Als einer seiner Männer, Tharulf, auf den Chaoskrieger gestoßen war und um Hilfe gerufen hatte, waren sie gerade noch rechtzeitig zurück gerannt, um Tharulf das Leben zu retten. Der schwarzgekleidete Feind hatte keine Chance gegen vier bewaffnete Nordmarker gehabt. Nun folgen sie dessen Spuren solange sie im feuchten Boden sichtbar waren und ließen niemanden mehr mit den Pferden zurück. Etwas schien sich hier im Sumpf abzuspielen oder gerade erst abgespielt zu haben; Halvard wollte nichts mehr riskieren.

Nach einiger Zeit wurde der Boden ein wenig fester. Fast schien es als würden sie eine leichte Steigung hinauf reiten. Der Wald begann, sich langsam zu lichten, bis sie schließlich auf zwei weitere tote Sumpflinge stießen die, offensichtlich im Kampf gegeneinander verendet, unweit voneinander lagen. Noch weiter voran brach der Wald zu einer großen Lichtung auf und offenbarte einen kleinen Hügel, auf dem kreisförmig mehrere traurig aussehende Lehmhütten sich um eine größere, traurigere Hütte gruppierten.

Offensichtlich eine Sumpflingsiedlung, so viel war klar. Seltsam erschien Halvard die Tatsache, dass die Sumpflinge untereinander gekämpft zu haben schienen. Weitere Leichen mit diversen Hieb-, Stich- und Pfeilwunden waren auf der Lichtung verstreut – teilweise mit der Hand am Griff einer Waffe, die noch im Gegner steckte.

Sie sprachen weiterhin kein Wort. Es roch vage nach Nässe, Schimmel und Exkrementen. Vorsichtig und lautlos bedeutete Halvard seinen Männern, die Siedlung zu umrunden und die Hütten zu untersuchen. Während sie dies taten, wurde das Rascheln der Bäume und die Vogelgesänge von einem Rumpeln in der großen Hütte übertönt. Metall klimperte aneinander, dann ein weiteres schweres Rumpeln. Schließlich das Ächzen von Holz und leise, gedämpfte Schritte. Als sie sich hastig um den Eingang zur Hütte formierten, die zwei Bögen gespannt und die Schwerter zum Hieb erhoben, erschien langsam eine schmale Silhouette im Dunkel des Türbogens
Zunächst erkannte Halvard ihn nicht und wollte beinahe schon den Feuerbefehl geben. Der Mann war schmutzig, sein Haar und seine Kleidung schienen nur aus Schlamm zu bestehen und was von seiner Haut zu sehen war wirkte kränklich und abgemagert. Er lehnte sich mit dem Unterarm an den Türrahmen, während er mit der anderen Hand ein Schwert hielt, welches Halvard auf Anhieb erkannte. Erst dann zählte er Eins und Eins zusammen.

„Waffen runter!“ rief er seinen Männern zu, sprang aus dem Sattel und eilte zum Mann in der Tür. Er baute sich zwei Schritte vor ihm auf und sah ihn voller Verwirrung und Unverständnis an. „Was bei Thorms blankem Arsch ist dir denn passiert?“ stieß er schließlich aus.

Andaran sah zu seinem Vetter hoch. Sein Mund weitete sich zu einem Grinsen.
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