Aufbruch nach Falkenstein

[Ildala Sternwacht]

Mutter, nun hör doch bitte auf weiterhin deine Tränen auf dein schönes, neues Kleid zu vergießen. Ich bin doch nicht ganz aus der Welt, ich werde dich und Vater jederzeit besuchen kommen und ihr könnt das gleiche tun, indem ihr ein paar freie Tage in Falkenstein verbringt. Sieh doch ein das ich nun wirklich alt genug bin um auf eigenen Beinen zu stehen und mein Leben in die Hand zu nehmen.

Lahja hatte neben dem packen ihrer Sachen jede Menge mit dem trösten ihrer Mutter zu tun.
Diese sass völlig aufgelöst mit der schriftlichen Zusage für die Anstellung in der Falkensteiner Kriminalkammer vor dem Kamin.
Ein wenig amüsierte das Gehabe ihrer Mutter Lahja schon, war sie es doch, die immer wieder nach einer Meinungsverschiedenheit betonte, was für eine seelige Ruhe doch im Haus herrschen würde wenn Lahja dieses endlich verliess.
Und nun, wo es bald soweit war, vergoss sie ein ganzes Rinnsal an Tränen und schluchzte sich die Seele aus dem Leibe.

Ein paar schöne Tage haben wir ja noch, bevor das Schiff in Port Verane ausläuft und sobald ich angekommen bin, werde ich euch Nachricht zukommen lassen, versprochen. Ich denke es werden einige aufregende Wochen dort auf mich zukommen. Als erstes muss ich mich um eine Bleibe kümmern. Der Kommissar hat zugesichert mir dabei behilflich zu sein. Auf diesen Mann bin ich schon sehr gespannt, ich denke ich werde bald eine Menge Zeit mit ihm verbringen.

[Ildala Sternwacht]

Eine ganze Weile hatte Tjar die junge Frau, die weit über die Reling gebeugt stand, nun schon beobachtet.
Jetzt legte er seinen Besen zur Seite und trat langsam von hinten an sie heran um ihr auf die Schulter zu tippen.

Lady uth Silas? Kann ich nicht doch irgend etwas für euch tun? Ihr seht, wenn ihr mir bitte verzeihen mögt, grauenvoll aus.

Langsam hob sich der Kopf der Frau und sie blickte den kleinen, mageren Schiffsjungen aus tränenden Augen an.

Was du für mich tun kannst? Du kannst mir sagen wann wir endlich in Falkenstein ankommen? Ich halte das einfach nicht mehr aus.
Seit wir vor 7 Tagen vom Hafen Port Veranes abgelegt haben, habe ich meinen Mageninhalt mit Gewissheit sicherlich fünfzehn bis zwanzigmal ins weite Meer entlassen. Hätte ich denn ahnen können wie fürchterlich dieses Geschaukel auf See ist? Man kann nicht schlafen, nicht essen, nicht still stehen und dann diese kalte, salzige Luft, einfach nicht zum aushalten

Kaum hatte Lahja zu Ende gesprochen beugte sie sich ein weiteres Mal über die Reling und erbrach sich abermals.
Tjar schüttelte den Kopf und musste sich ein Lachen verkneifen.
Er versuchte ihr einen kleinen Lichtblick zu verschaffen

Wisst ihr Lady, ihr habt es bald geschafft der Mond und die Sonne ziehen noch einmal an uns vorbei, dann werden wir in Falkenstein anlegen und ihr könnt endlich wieder festen Boden unter euren Füßen spüren.

[Ser Berchtolt]

Von rechts reichte eine Hand einen hölzernen Becher in Lahjas Sichtfeld. Ein großgewachsener, ernst dreinblickender Mann mit dunklen Haaren blickte sie aus hellen Augen an. Die dampfende Flüssigkeit in dem Becher roch nach einer Art Tee.

Trinkt das, meine Herrin, das wird Euren Magen beruhigen.

Der Mann trug die Zeichen eines Ritters, er hatte ein Schwert gegürtet, Sporen an seinen Stiefeln und trug das Wappen Danwyns an einem kleinen Abezichen am Gürtel. Er lächelte sie leicht an, und nickte ihr aufmunternd zu.

[Ildala Sternwacht]

Auch wenn ihr das ständige Erbrechen und ihr derzeitiges Erscheinungsbild mehr als peinlich waren und sie zur Zeit jeder Konversation aus dem Wege ging, so war sie doch interessiert an jeder Art von Linderung für ihren Zustand und nahm den Becher entgegen.
Den Ritter hatte Lahja bereits in Port Verane genauer in Augenschein genommen, ein stattlicher Mann der ebenfalls dort an Bord gegangen war und Kargath gemeinsam mit ihr verlassen hatte.

Habt vielen Dank. Ich hoffe dieses Gebräu schmeckt so gut wie es riecht. Aber im Moment ist jeglicher Geschmack in meinem Munder besser als der derzeitige.

Gequält versuchte Lahja so etwas wie ein Lächeln hervor zu bringen. Dann versuchte sie vorsichtig einen Schluck.
Erstaunt und erfreut nahm sie noch einen zweiten und dritten.

Mhhh mundet erstaunlich gut. Aber sagt mir Ser, wie ist euer Name? Und was führt euch um diese Jahreszeit nach Falkenstein mit diesem Handelsschiff?

[Ser Berchtolt]

Mein Name ist Ser Berchtolt aus dem Haus Wolfsburg

Automatisch und ohne es bewusst hervorzufrufen wirkte er bei Vorstellungen immer sehr förmlich.

Mein Lehnsherr Ser Danwyn von Hohengrund beauftragte mich nach Falkenstein zu reisen. Ich soll in seiner Baronie Arsblick die Verwaltung übernehmen.

[Lahja uth Silas]

Ser Danwyn von Hohengrund, ich habe von ihm gehört. Gerüchte haben sich wie ein Lauffeuer verbreitet, man hat gemunkelt er hat sich aus dem Verband zu Kargath gelöst.
Wisst ihr, auch wenn das eine herausragende Neuigkeit ist, so kenne ich mich mit diesen Politischen Angelegenheiten nicht sehr gut aus.
Ferner muss ich eingestehen, dass ich die Belange um Kusar, die diese Entscheidung ausgelöst haben sollen, nicht näher verflogt habe. Ich war einfach zu sehr in mein Studium am weißen Turm vertieft.
Aber nun steht mir hier mit euch ein sehr sympatischer Ritter zur Seite, der mir sicher mit meinen Wissenslücken auf die Sprünge helfen kann und wie ich so eben festgestellt habe, mich mit seiner Anwesenheit und seinem wohlschmeckenden Getränk von meiner Übelkeit abgelenkt hat

Erwartungsvoll lächelte Lahja.

[Ser Berchtolt]

Ihr schmeichelt mir...

Berchtolt sah einige Augenblicke aufs mehr hinaus, als er versucht im Innern die Antwort auf die vielen Fragen der jungen Dame zu formulieren. Als er begann zu sprechen sah er sie wieder an.

Nun wie Ihr wisst, ist der König von Kargath nach Kusar gezogen, um dort die einstige Prvonz Kargath von der Knechtschaft von Cardim zu befreien. Doch ein Volk zu befreien, dass mehr als 400 Jahre unter der Herrschaft der schwarzen Stadt steht und sich damit abgefunden hat, war schwieriger als erwartet. Ich habe selbst im Auftrag meines Vaters in diesem krieg gekämpft. Wir standen nicht nur den Truppen cardims gegenüber, sondern auch Kusaren, die das Heer kargaths als Invasoren betrachetet und nicht als Befreier. Wir wussten nicht, wenn wir in ein Dorf oder eine Stadt gelangten, ob wir Freund oder Feind gegenüber stehen. Der Krieg war verlustreich...

Er zögerte einen Augenblick

Als der König dann die Belagerung Jarlburgs, der Hauptstad Kusars, aufhob, geriet er mit Ser Danwyn in Streit, weil Ser Danwyn seine harten Verlust als umsonst geopfert sah. Der Streit eskalierte und Ser Danwyn bat den König ihn aus seinem Eid zu entlassen, was der König schweren Herzens schließlich tat

[Lahja uth Silas]

Lahja war überrascht, bestätigte sich doch nun durch Ser Berchtolts Worte, was längere Zeit bloss ein Gerücht zu sein schien.
Die Nordmark hatte sich tatsächlich von Kargath entfernt und stand nun wieder vollkommen unter dem Befehl von Danwyn von Hohengrund.

Nun, die Zeit wird zeigen was dies für Auswirkungen mit sich zieht. Doch bin ich guter Hoffnung, dass es bei einem guten Einvernehmen zwischen beiden Reichen bleiben wird. Das Herz des Königs wird heilen. Es ist schon erstaunlich welch große Entscheidungen auf den Schultern dieses einen Mannes liegen.
Der Krieg in Kusar, die Entscheidung dort einzugreifen, der Bruch mit der Nordmark, wie stark Tankreth Sianmar doch ist.

Schweigend blickten beide aufs Meer und hingen ihren Gedanken nach.
Wobei selbst nach diesem ernsten Thema Lahja nur einen Gedanken hatte : Morgen geht es endlich an Land!

[Ser Berchtolt]

Er ließ sie einige Zeit ihren Gedanken nachhängen und nutzte diese Zeit um über ihre worte nachzudenken, dann erhob er erneut as Wort.

Wollt Ihr mir verraten, was Euch nach Falkenstein führt?

[Lahja uth Silas]

Lahja zog einen kleinen, zerknitterten Brief aus einer ihrer Taschen und ein Lächeln huschte über ihr Gesicht.

Nun, dieser Brief hat mich vor einigen Tagen erreicht. Ich habe eine Anstellung in der Sankt Georger Kriminalkammer erhalten. Ich werde dort Beweisstücke, Artefakte und Kuriositäten untersuchen dürfen, welche in Zusammenhang mit Verbrechen stehen, oder von der Obrigkeit als zu gefährlich eingestuft wurden, um der Öffentlichkeit zugänglich zu sein.
Ferner werde ich gemeinsam mit den Inspektoren magische Verbrechen untersuchen und versuchen aufzuklären.
Das ist alles so aufregend und neu für mich, komme ich doch gerade erst aus meinem Studium.

Eine leichte Röte durchzog nun Lahjas Gesicht.

Und ich muss zugeben, dies ist auch das erste Mal, dass ich aus meinem Elternhaus ziehe und komplett auf eigenen Beinen stehe.
Aber genau aus diesem Grunde habe ich mich auch entschlossen auf dieses Schiff hier zu steigen und gen Falkenstein zu reisen. Die Zeit wird zeigen ob diese Entscheidung richtig oder falsch war.