Derzeit in Arsblick

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Tankred
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Derzeit in Arsblick

Beitrag von Tankred » 18 Jan 2011, 12:20


Rauch eines schlecht bewachten Feuers verdunkelte den Raum und nahm den rußenden Talglichtern, die überall auf den Tischen herumstanden die letzte Möglichkeit aus ihrem Schein eine Erleuchtung des Raumes zu besorgen. Allerdings schätzten die Gäste der Spelunke "Zum schwarzen Hund" auch Licht nicht so sehr.

Tankred war mit zwei anderen Soldaten hier eingekehrt um ein wenig das verkehrende Publikum im Auge behalten zu können. Natürlich ohne Kennzeichnung. Schon früh hatten die Wachmannschaften begriffen, dass es nicht ratsam sei, sich zu früh hier zu erkennen zu geben, nachdem ein von St.Georg geschickter Greifer während seiner Nachforschungen spurlos verschwunden war.

Während die drei Soldaten in der Ecke ihr verwässertes Bier tranken, behielten sie die übrigen Gäste im Auge.

Die Kundschaft bestand größtenteils aus kriegsfähigem Volk. Milizionäre, ehemalige Soldaten, Fallensteller, Menschenjäger und sicherlich den ein oder anderen Wilddieb und Räuber. Die Kriege in Kachuana trieben so manchen Verkrüppelten, Hilflosen aber auch Fahnenflüchtigen durch das Arsblicker Land und der Wirt, ein dunkelhäutiger, vollbärtiger, einäugiger ehemaliger Flußschiffer, Tankred vermutete eher, dass die Berufsbezeichnung Flußpirat passender sei, verstand es mit seiner Taverne all jene anzulocken, die zu verwerflichsten Taten fähig schienen. Der Name des Wirtes war Fernando de Torres und wahrscheinlich genauso falsch, wie sein Auftreten als fleißiger und gesetzestreuer Neu-Bürger von Arsblick.
Vor einem halben Jahr erst hatter Fernando diese Taverne in der notdürftigen Neusiedlung Arsblicks eröffnet. Und schon kurze Zeit später wusste man, dass nicht alles, was in diesen Räumlichkeiten geschah mit dem Gesetz des Lehnsherren brav einher ging.

Tankred dachte kurz an die Geschehnisse der letzten Monate. Der Herzog, den kennen zu lernen er die Ehre hatte, lag darnieder. Überall im Land kam es zu Ausschreitungen und Überfällen. Die Büttel waren so überfordert, dass aus der sogenannten Kriminalkammer immer mehr Greifer und Untersucher durch das Land gesandt wurden um immer hysterischer nach möglichen Hochverrätern zu suchen, während das Volk doch einfach nur Frieden haben wollte.
Und während er hier fest saß, zogen die neuen Nordmarker über die Gebirge der Heimat zu. Ja, er vermißte die Mark. Die grünen Hügel und Laubwälder der Mittelmark, den dunklen, kalten Stirnazsee und die Berge und dunklen Nadelwälder des Nordens.
Dort gab es wenigstens Soldatenarbeit zu erledigen. Und hier, weit weg, drohte ein ganzes Land in Chaos und Rechtlosigkeit zu versinken. Vor einer Woche erst waren er und ein Trupp von zehn weiteren Männern ausgezogen um einer Räuberbande das Handwerk zu legen. Statt einer wilden bewaffneten Rotte fanden sie nur eine Gruppe kraftloser und halbverhungerter Wegelagerer in den Wäldern kurz vor Weidquell. Mit ihren Knüppeln hatten sie keine Chance zur Gegenwehr und die zwei Überlebenden warteten jetzt im Kerkerturm des tüchtigen Ser Berchtolt von Wolfsburg auf ihre sichere Hinrichtung.
Ein Erfolgserlebnis.
Ansonsten aber gab es hier so wenig für einen Soldaten zu tun, dass sie sogar schon für Aufgaben des Büttels herangezogen wurden. Warum sonst sollten sie hier in dieser Kaschemme die Augen aufhalten.

Er nahm einen tiefen, leerenden Zug aus seinem Humpen und grunzte nur zustimmend als seine Kameraden aufstanden um sich neue Getränke zu holen und mit einer Geste anboten, ihm ebenfalls mit einem Neuen zu versorgen.

Tankred ging noch weiter seinen Gedanken nach, als er einer Unterhaltung gewahr wurde, die an einem Nebentisch geführt wurde. Zwar konnte er die Sprecher nicht ausmachen, alle Tische an den Seiten waren durch dünne Lumpenvorhänge voneinander getrennt, aber die Worte waren doch deutlich zu hören.

"Habt ihr schon die Steckbriefe wegen eines schwarzen Ritters gesehen? Es soll eine Belohnung geben, wenn man einen schwarzen Ritter mit einem Hörnerhelm ausliefert."
"Du meinst, wir können und dürfen einen Ritter einfangen und ausliefern?"
"Genau das ist meine ich!"
"Haben sie einen Namen angegeben?"
"Nein, aber sie nennen ihn Ritter. Also muss was dran sein."
"Was springt dabei heraus?"
"100 Silbermünzen."
"Na, wenn es erlaubt ist, lasst uns jagen gehen."

Geräuschvoll wurden mehrere Stühle zurück geschoben und sechs Gestalten gingen geradewegs zur Tür hinaus. Tankred verfluchte innerlich das rauchige, dämmrige Licht, konnte er so doch nur schemenhafte Gestalten ausmachen.
Kopfgeldjäger in Arsblick. Nun, über diese Nachricht würde sich Herr Berchtolt sicherlich nicht freuen.

Als die zwei Soldaten wieder zum Tisch zurück kehrten, fanden sie dort Tankred in Gedanken versunkenen vor.
"Woran denkst du?" fragte derjenige, welcher ihm einen vollen Humpen hinstellte.
"Wisst ihr, ich vermisse die Heimat. Manchmal habe ich das Gefühl, dass eine schnelle Rückkehr in die Nordmark uns allen ein sichereres Los sein würde. Lieber in der Heimat sterben als in der Fremde verrotten!"

Die drei Soldaten schwiegen sich an und jeder ging seinen eigenen düsteren Gedanken nach.
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